Warum Unternehmenskommunikation scheitert

Aus meiner Sicht und Erfahrung gibt es drei wiederkehrende Hauptgründe für verfehlte oder nicht funktionierende interne Unternehmenskommunikation: Unpassende Kanäle, unpassende Sprache, mangelnde Relevanz.

 

Grund 1: Die Kanäle oder Medien passen nicht

 

In Unternehmen ist es wie im „Leben draußen“: Eine Flut von Informationen und Kommunikation stürzt dauerhaft auf jeden Einzelnen ein: Mails, Anschreiben, Aufrufe, Flyer, Werbebanner, Poster... Es wird kommuniziert, was das Zeug hält – die Klagen der Mitarbeiter über den Informations-Overkill sind unüberhörbar und berechtigt.

 


Kein Wunder, dass sich die Mitarbeiter in Sicherheit bringen und vor dem kommunikativen Trommelfeuer schützen. Anders geht es auch gar nicht, denn keiner will von der Kommunikationslawine begraben werden. Und es erstaunt auch wenig, dass die meist gebrauchten Kommunikationsmittel immer mehr an Wirkung verlieren oder schon gar keine Wirkung mehr erzielen.

 

Wie konnte es so weit kommen? Warum hat man nicht rechtzeitig gemerkt, dass die Unternehmenskommunikation neue Wege gehen muss? Gründe hierfür gibt es zahlreiche. Vor allem aber haben die rasante Beschleunigung der Arbeitsprozesse, die andauernden Prozessoptimierungen und die  Automation aller Geschäftsprozesse dazu geführt, dass einer vergessen wurde – der Mitarbeiter.

 

Er hat vor allem einen Antrieb: seine Aufgaben ordentlich zu erledigen, seine Ziele zu erreichen – und dafür muss er bei der Informationsaufnahme Prioritäten  setzen, filtern, relevant von nicht relevant trennen.

Der "Mitarbeiter von heute" will transparent und offen informiert werden, sofort erkennen, was wichtig und was nebensächlich ist, will lernen, wachsen und vorankommen. Aus diesem Grund trifft er eine Vorauswahl, welche Informationen er „an sich ranlässt“. Man muss ihm nicht nachlaufen oder versuchen, ihm etwas aufzudrängen.

 

Doch die klassische Unternehmenskommunikation trägt dem Bedürfnis nach bedarfsgerechter Information keine Rechnung. Im Gegenteil, sie bombardiert den Mitarbeiter mit unerwünschten Informationen und setzt ihn mit aufdringlichen Nachfassaktionen unter Druck.

 

Dabei muss man doch lediglich zur richtigen Zeit die richtigen Informationen in der richtigen Form zur Verfügung stellen, so dass der Nutzen oder Mehrwert sofort erkennbar ist.

 

Nicht für jeden Mitarbeiter ist jede Information gleich relevant und wichtig. Qualität sollte stets vor Quantität gehen! Es muss nicht immer die komplette Belegschaft über alles benachrichtigt werden. Verantwortliche sollten darauf achten, Mitarbeiter nicht mit unnötigen Infos zu überhäufen, um den Blick für das Wesentliche nicht zu versperren. Differenzierung hat Priorität!


Grund 2: Sprache und Semantik passen nicht

Es ist eigentlich ein Klassiker und „alter Hut“, das Sender-Empfänger-Prinzip. Umso unverständlicher, warum es so häufig missachtet wird.

Das Sender-Empfänger-Modell definiert Kommunikation als Übertragung einer Nachricht von einem Sender A zu einem Empfänger B. Damit eine Nachricht eindeutig verstanden werden kann, müssen Sender und Empfänger die gleiche Codierung beziehungsweise Decodierung verwenden, den gleichen Zeichensatz.

 

Benutzen die beiden nicht denselben Code – weil sie beispielsweise unter einem Begriff jeweils etwas anderes verstehen – kommt es zu Störungen in der Kommunikation: Der Empfänger versteht die Botschaft des Senders nicht.

 

Dabei ist es nicht nur wichtig, was gesagt wird, sondern auch wie. Wenn man entscheiden muss, wem und mit welcher Absicht etwas kommuniziert wird, müssen grundlegende Kommunikationstechniken beherrscht und angewendet werden. Nur dann findet eine Botschaft Gehör und wird verstanden. Oder eben nicht.

 

Kommunikation vollzieht sich auf zwei Ebenen:

Zur Real-Ebene (Sach-Ebene) der fachlich-inhaltlichen Kommunikationsebene, gehören unter anderem die Vollständigkeit, Klarheit und die Richtigkeit von Informationen.

 

Auf der Meta-Ebene (Stil-Ebene) wird Bedeutung transportiert. Nonverbale Signale vermitteln die Wichtigkeit einer Information. Zu dieser Kommunikationsebene zählen Gestik, Mimik und die räumliche Distanz zwischen kommunizierenden Personen sowie die Darstellung von Symbolen durch Bilder und Logos.

 

Unternehmenskommunikation muss auf eine ausgewogene Balance zwischen Real-Ebene und Meta-Ebene achten. Bei einer zu starken Fixierung auf die Real-Ebene etwa besteht die Gefahr, dass man die Stimmungslage der Mitarbeiter ausblendet und den „richtigen Ton“ verfehlt.

 

Kommunikationsprobleme treten vor allem auf, weil alle Menschen einen unterschiedlichen Wissensvorrat besitzen und Kommunikation immer auch vom situativen Kontext abhängt. Kommunikationsfehler entstehen durch störende „Hintergrundgeräusche“, sprachliche Ungenauigkeit oder die falsche Codierung einer Botschaft.

 

Unternehmenskommunikation muss Botschaften nicht nur gut überlegt und formuliert senden, sondern sich mit ihrem Adressatenkreis auseinandersetzen, dieselbe Sprache sprechen. Nur so können die Empfänger die Nachricht richtig entschlüsseln.

Grund 3: Mangelnde Relevanz und unterschiedliche Welten

Wo unterschiedliche Welten aufeinandertreffen: In Produktionsbereichen, „am Band“, erlebt man, wie groß die Distanz zwischen den Mitarbeitern „da unten“ und den Anzugträgern „dort oben“ nach wie vor ist. Hier treffen tatsächlich unterschiedliche Welten und Erfahrungshorizonte, Erwartungen und Bedürfnisse aufeinander.

 

Manager erliegen oft dem Irrglauben, der „Mitarbeiter vor Ort“ interessiere sich brennend für die Unternehmensziele oder die Geschäftsstrategie. Meist kennt er sie nicht einmal. Und auch nicht die Namen der Geschäftsführer oder des CEO! Das muss er auch nicht. Er kennt seinen Vorgesetzten, vielleicht noch den Abteilungs- oder Hauptabteilungsleiter, er weiß genau, welche Ergebnisse er, sein Team oder die Abteilung liefern muss, das reicht.

Vor allem wartet dieser Mitarbeiter nicht sehnsüchtig auf „Botschaften aus dem Management“, auf strategische Überlegungen, Appelle, Management-Vorgaben....

 

Wie oft habe ich erschütterte Managern erlebt, weil kein Mitarbeiter bei einem „Town Hall Meeting“ oder einer „Roadshow“ des Top-Managements darauf wartet, endlich drängende Fragen loszuwerden! Die hat er oft gar nicht, oder nicht in diesem Umfeld. Seine Fragen betreffen das direkte Arbeitsumfeld, die tägliche Arbeit und beantwortet der Vorgesetzte oder Abteilungsleiter.

 

Für den „normalen Mitarbeiter“ haben die Gedanken, Botschaften und Themen der Manager in der Regel schlicht keine Relevanz. Sie leben in unterschiedlichen Welten, sprechen unterschiedliche Sprachen, haben unterschiedliche Interessen und Erwartungen.

 

Vo diesem Hintergrund kann man die Notwendigkeit und den Nutzen einer zielgruppenorientierten Kommunikation gar nicht überbewerten. Es gibt keine allgemeingültigen einfachen Regeln, wie man „die“ Mitarbeiter am besten informiert und motiviert. Erfolgreiche Unternehmenskommunikation muss vor allem die Vielfalt der kulturellen und sozialen Hintergründe berücksichtigen, die unterschiedlichen Medienkompetenzen und individuellen Interessen: Einen social-media-affinen „digital Native“ kann ich mit einer altbackenen Mitarbeiterzeitung kaum erreichen. Und einen erfahrenen Handwerks-Meister mit 55 Jahren und einer Medienkompetenz aus dem analogen Zeitalter werde ich kaum zum Podcast-Fan umwandeln.

Es kann gelingen!

Generell misslingt Unternehmenskommunikation bei anhaltender Mehrdeutigkeit der Sprache oder Botschaften. Wenn etwa zwischen der Umsetzung eines Unternehmensziels und der Deutung der Mitarbeiter deutliche Unstimmigkeiten entstehen, wirkt sich das negativ auf die Glaubwürdigkeit und die Motivation aus.

 

Misslungene Kommunikation entsteht auch dann, wenn die proklamierten Werte mit dem praktizierten Verhalten nicht übereinstimmen:

  • Reale Handlungsmaßstäbe der Manager und Unternehmensgrundsätze passen nicht zusammen: Zum Beispiel werden Innovation und Internationalisierung kommuniziert, während der Firmenauftritt provinziell bleibt.
  • Anspruch und tatsächliches Verhalten stimmen nicht überein: Zum Beispiel werden zwar Kundennähe oder Ökologieanspruch kommuniziert, aber de facto nicht praktiziert.
  • Es bestehen Widersprüche zwischen aktueller und idealer Identität: Während nach außen Aufbruch und Mitbestimmung propagiert werden, bestimmen alte Hierarchien und Autorität die Betriebswirklichkeit.

Umgekehrt kann Unternehmenskommunikation gelingen, wenn:

  • ungewollte Interpretationen nicht möglich sind, also klar, eindeutig und schlüssig kommuniziert wird,
  • die gewählten Mittel und Darstellungsformen zu den wahrgenommenen Ereignissen passen,
  • erklärte Normen und Werte in der Unternehmenskommunikation nicht ausgeklammert werden,
  • Regeln zu Offenheit, Schnelligkeit und Stil in der Unternehmenskommunikation beachtet werden.

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Kommentare: 1
  • #1

    Rebecca Schadt (Mittwoch, 08 Februar 2017 15:25)

    Auf den Punkt gebracht! Guter Beitrag zu den Ursachen verfehlter Kommunikation.